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Interview mit Marco Tanner

Interview mit Marco Tanner

Wenn das Fliessband spinnt: Die KI dieser Glarner Firma findet den Fehler in Sekunden

Ein von blossem Auge nicht sichtbarer Fehler stoppte die Produktion einer Firma, bis die KI von Pandia in kürzester Zeit das Problem entschlüsselte. Ein Besuch vor Ort.

Yvonne

Samsarova

 21.09.25 – 04:30 Uhr Glarus

KI im Koffer: Mauro Nart aus Glarus möchte mit seiner KI-Lösung den Schweizer und internationalen Markt erobern.

Bild: Yvonne Samsarova

«Es war ein echter Notfall», erinnert sich CEO Marco Tanner an einen bestimmten Abend im letzten Jahr zurück. Mitten in den Hochgeschwindigkeitstests seiner Firma in Winterthur sprangen die PET-Rohlinge immer wieder aus der Reihe – und niemand wusste, warum. Um 20.55 Uhr griff Tanner zum Handy: «Mauro, jetzt brauchen wir dich.» Zwei Minuten später kam die Antwort.

Produktionsfehler erkennen – mit KI

Wenig später stand der Glarner KI-Spezialist Mauro Nart mit einem schwarzen Koffer vor der Tür und brachte die Lösung für ein Problem, das sonst wochenlange Analysen gekostet hätte. Ein Jahr später ist Mauro Nart erneut nach Winterthur gereist, um zu sehen, was sein KI-System im Unternehmen des Geschäftsmanns bewirkt hat.

«Produktionsfehler reduzieren mit unserem KI-Videoanalyse-Tool – das ist unser Kerngeschäft», erklärt Mauro Nart. Der gebürtige Glarner hat zusammen mit seinem Bruder Jonas Nart vor fünf Jahren die Glarner Firma Pandia gegründet. Seitdem arbeiten die beiden mit über 30 Unternehmen, national und international, zusammen.

Einer dieser Kunden ist die Familienfirma von Marco Tanner mit Sitz in Winterthur. Das Unternehmen stellt Maschinen her, die PET-Rohlinge zur Flaschenblasmaschine transportieren, unter anderem für Grosskunden wie Coca-Cola. Fehler in der Produktion können daher teuer werden. «Wir sind auf clevere Partner angewiesen, wenn es mal Probleme gibt», erzählt Tanner.

CEO Marco Tanner empfängt KI-Spezialist Mauro Nart und die Glarner Nachrichten im Familienbetrieb in Winterthur.

Bild: Yvonne Samsarova

Von «LinkedIn»-Post zum nächtlichen Einsatz

Durch einen «LinkedIn»-Post wurde Tanner auf Narts Dienstleistung aufmerksam. Später trafen sich die beiden bei einem Event, tauschten Kontakte aus, und im Herbst letzten Jahres wurde es ernst. Spät am Abend kam Mauro Nart mit einem kleinen schwarzen Koffer in Marco Tanners Firma gefahren, um seine Technologie zu installieren.

«Alles, was man braucht, ist in diesem Koffer», sagt Nart. Darin: vier Smartphones mit Halterungen, ein Laptop und Ladegeräte. «Das wars.» Noch in derselben Nacht zeigte er Tanner, wie das System funktioniert.

Mauro Nart zeigt, wie sein KI-System funktioniert.

Bild: Yvonne Samsarova

Für eine High-Speed-Produktion eine High-Tech-Lösung

Das Problem: An einer der Maschinen wurden immer wieder PET-Rohlinge blockiert und niemand wusste warum. «Man muss sich vorstellen: Pro Stunde werden bis zu 100’000 Rohlinge gefördert.
Das geht so schnell, dass man mit blossem Auge nichts erkennt», erklärt Tanner. Genau hier kam Narts KI-Technologie ins Spiel: Das Programm erkannte anhand der Videokameras den Fehler. Eine Zeitlupenaufnahme zeigte, wo das Problem der Maschine lag.

Tanner schickte die Aufnahmen seinem Vater, der das Unternehmen aufgebaut hatte und die Maschinen bestens kennt. «Er hat sofort gesehen, dass eine kleine Rampe fehlt, damit die PET-Rohlinge nicht blockiert werden.» Die präzisen Aufnahmen zeigten dann genau, wo die Rampe montiert werden soll. «Ohne Mauros Technologie hätten wir vermutlich wochenlang analysieren müssen. So konnten wir das Problem über Nacht lösen», erzählt Tanner.

Nach der KI-gestützten Videoanalyse baute das Team von Marco Tanner eine kleine Rampe in die Maschine ein, um das Herausspringen der Flaschen zu verhindern.

Bild: Yvonne Samsarova

Zwischen Skepsis und Zukunftspotenzial

Trotz der offensichtlichen Vorteile würden noch nicht viele Unternehmen KI-Systeme einsetzen, erklärt Nart. Der Erfinder sieht den Grund in einer gewissen Zurückhaltung: «Viele denken sich: Es hat doch bisher auch funktioniert – warum also etwas ändern?» Doch Geschäftsführer Marco Tanner ist überzeugt: «Wir müssen immer schneller und besser werden, da gehört Technologie einfach dazu.»Für Mauro Nart ist dieser Besuch ein besonderer Moment: «Zu sehen, wo ich konkret helfen konnte – das ist das Schönste an meinem Job», sagt der 42-Jährige. Für die Zukunft wünscht sich Nart mehr Offenheit gegenüber innovativen neuen Methoden und Tools. Gerade in einer Zeit, in der viel über Risiken diskutiert werde, will er zeigen, wie sinnvoll neue Technologien eingesetzt werden können, um zum Beispiel Maschinenausfälle zu verhindern und kostspielige Verzögerungen zu vermeiden.